1. Startseite
  2. Lokales
  3. Stadt Ludwigsburg
Logo

Bergamo-Projekt
Krisenmanagement zu Zeiten von Corona: „Im ersten Jahr war Land unter"

Dietmar Allgaier (stehend) im Diskurs mit den jungen Erwachsenen des JBR. Foto: Jugendbürgerrat
Dietmar Allgaier (stehend) im Diskurs mit den jungen Erwachsenen des JBR. Foto: Jugendbürgerrat
Mehrtägige Sitzung des Jugendbürgerrats stellt wichtige Fragen an Experten zum Krisenmanagement und Kommunikation in der Coronakrise

Ludwigsburg. Nach dem in der Vergangenheit Fragen ausgearbeitet und Treffen organisiert wurden, stand für den Jugendbürgerrat (JBR) jetzt endlich die erst große Sitzung an. Krisenmanagement und Kommunikation waren die Themenschwerpunkte des Treffens. Der Jugendbürgerrat ist entstanden, um in Kooperation mit der Stadt Bergamo die Coronakrise aufzuarbeiten. In diesem Fall soll aber nicht ein Team aus einer Menge Experten an der Aufarbeitung arbeiten, sondern junge Menschen. Bergamo wurde stark vom Virus getroffen und auch die Jugendlichen mussten schwer darunter leiden. Jetzt will man herausfinden, was alles schiefgelaufen ist und woraus man lernen kann. Das gemeinsame Projekt hat bereits im Vorfeld einen Kooperationspreis gewonnen, jetzt sollen auch Ergebnisse gebracht werden.

Neben den Jugendlichen und den Verantwortlichen der Stadt und des Deutsch-Französischen Instituts waren auch Experten am vergangenen Freitag im kleinen Saal des Kulturzentrums zusammengekommen. Landrat Dietmar Allgaier, Karlin Stark von Gesundheitsamt, Dr. Roland Kolepke, Leiter der Impf- und Testzentren in Ludwigsburg, Leiter der Pressestelle der Stadt Ludwigsburg Peter Spear und Hermann Schröder vom Innenministerium. Oberbürgermeister Matthias Knecht wurde auch erwartet, musste aber leider kurzfristig absagen.

Dietmar Allgaier, der seit inzwischen zwei Jahren im Amt als Landrat ist, hat den Posten unmittelbar vor dem Start der Coronapandemie in Deutschland übernommen. „Niemand war auf die Pandemie vorbereitet", schildert er . Ein Aspekt, der aber von vornherein funktionierte, war die Absprache zwischen den Ämtern. Die Zusammenarbeit der verschiedenen Institutionen im Landkreis wurde von allen Seiten gelobt.

Was lief schief?

Dennoch wurden viele Missstände und Fehler aufgedeckt. Trotz des hohen persönlichen Einsatzes aller beteiligten und deren hoher Kompetenz sei nicht immer alles optimal in der Krise verlaufen. An vielen Stellen erkannte die Diskussionsrunde Defizite und Probleme. So stellten sie im Gespräch mit dem Landrat sowie dem Leiter der Impfzentren Dr. Roland Kolepke fest, dass zum Start der Pandemie der Katastrophenschutz nicht ausreichend Masken und Schutzkleidung vorrätig hatte, nicht einmal für das Pflegepersonal. Zudem war es nicht gelungen, in der Frühphase der Pandemie, Erkrankte aus dem befreundeten Bergamo aufzunehmen, als die Kliniken hier im Landkreis noch Kapazitäten hatten. Als das Angebot von Dietmar Allgaier dann nach Bergamo kam, war es bereits zu spät und in Bergamo ebbte die Lage bereits zum Glück leicht ab. Aber das Angebot an die Partnerstadt sei ein richtiges und wichtiges Zeichen gewesen.

Einer der größten Fehler war jedoch, die Impfzentren im vergangenen September abzubauen. Das bestätigen sowohl Dr. Roland Kolepke, als auch Karlin Stark vom Gesundheitsamt. Stark, die seit 1994 bereits im Gesundheitsdienst tätig ist, habe so etwas noch nie erlebt. Manche Teilnehmer erzählten, dass sie die Briefe zur Quarantänebestätigung erst nach Ablauf ihrer Quarantäne bekommen hätten. Stark war das bewusst. „Ludwigsburg war im ersten Jahr Land unter", erklärt sie.

Problembereich Terminvergabe

Hinzu kamen Schwierigkeiten bei der Terminvergabe online, die der ersten Zielgruppe der über 80-Jährigen von vornherein den Zugang erschwerten. Durch die Anmeldung per Handy oder E-Mail wurde vielen Mitbürgerinnen und Mitbürgern hier das Leben schwergemacht. Hierzu hatte Gerardo-Daniel Huber-Bareiro, einer der Teilnehmer des Jugendbürgerrats, dessen Vater in Portugal lebt, ein Beispiel parat: Impftermine seien dort zentral von der Stadtverwaltung für jede gemeldete Person vergeben worden. Wer den Termin nicht habe wahrnehmen können, habe absagen müssen. Es war hier also keine Anmeldung nötig, sonder eine Abmeldung. Er stellte die Frage, warum es schwierig sei, funktionierende Modelle aus anderen EU-Ländern zügig in Deutschland zu übernehmen.

Ein großes Thema inzwischen sind die Montagsspaziergänge. Hierzu äußerte sich der Leiter der Pressestelle der Stadt Ludwigsburg Peter Spear. Er meint, man solle diesen Minderheiten nicht eine so große Aufmerksamkeit schenken, wie es die Bürger und Medien teilweise tun würden. Die Stadt beobachte die Spaziergänge auch weiterhin mit einem wachsamen Auge.

Beim nächsten Treffen des Jugendbürgerrats am 18. und 19. März geht es um die Auswirkungen der Pandemie auf den Einzelnen und die Gesellschaft. Dann sind Gespräche mit einer Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie, einem Schulleiter, einem IT-Spezialisten aus einer Schule und einem Resilienzforscher geplant.