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Erweiterung des Breuningerlands in Ludwigsburg: Gericht sieht „Spiel mit dem Feuer“

Breuningerland in Ludwigsburg: An diesem Freitag ist es wahrscheinlicher geworden, dass der Stuttgarter Modehändler sein Shopping-Center im Tammerfeld erweitern darf. Foto: Ramona Theiss
Breuningerland in Ludwigsburg: An diesem Freitag ist es wahrscheinlicher geworden, dass der Stuttgarter Modehändler sein Shopping-Center im Tammerfeld erweitern darf. Foto: Ramona Theiss
Der Konflikt um die Erweiterung des Breuningerlands erreicht das oberste Verwaltungsgericht im Südwesten. Es hält den gegen Ludwigsburg klagenden Städten Bietigheim-Bissingen und Tamm „ein Spiel mit dem Feuer“ vor.

Mannheim/Kreis Ludwigsburg. Es ist kein leichter Gang, den der Tammer Bürgermeister Martin Bernhard am Montagmorgen um kurz nach 10 Uhr im baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim absolviert. „Die Chancen stehen aus meiner Sicht 50:50“, sagt der Rathauschef unserer Zeitung – und zwar dass die Spitze der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Südwesten den Bebauungsplan „Heinkelstraße Nord“ der Stadt Ludwigsburg aus dem Jahr 2018 per Normenkontrolle für unwirksam erklärt und damit die geplante Erweiterung des Breuningerlandes im Tammerfeld um rund 2500 Quadratmeter kippt.

Die Modefirma hat bekanntlich vor, die Aufenthaltsqualität in ihrer Mall im Kampf gegen den Internethandel um zusätzliche Dienstleistungen sowie Restaurants und Cafés zu erhöhen. Die Parkdecks hat Breuninger bereits aufstocken lassen.

Der VGH will sich mit seiner Entscheidung noch eine Woche Zeit lassen

Ursprünglich wollte das Unternehmen sein Einkaufszentrum, das auf eine Verkaufsfläche von rund 42000 Quadratmeter kommt, um bis zu 10000 Quadratmeter aufstocken. Nach jahrelangem Tauziehen einigte sich die Stadt Ludwigsburg mit Breuninger dann auf die abgespeckte Version – nicht aber mit den Nachbarstädten Bietigheim-Bissingen und Tamm, die Sorge um den Kaufkraftabfluss in ihren Zentren haben. Tamm beklagt sich zudem seit Langem über den stetig steigenden Verkehr, für den das Breuningerland sorge. Der Schultes Bernhard: „Die Belange der Ludwigsburger Nachbarkommunen sind in dem Verfahren nicht berücksichtigt worden.“

Der VGH hat den Fall mit dem Aktenzeichen 3S 3115/19 am Montag noch nicht entschieden – sich aber in die Karten schauen lassen. „Es schmerzt mich, dass eine gütliche Einigung nicht zustande gekommen ist“, sagte die Vorsitzende Richterin. Ihr Senat hatte vorgeschlagen, dass sich die streitenden Parteien die Prozesskosten teilen und Bietigheim-Bissingen und Tamm dafür nicht weiter den Rechtsweg beschreiten.

Aus Ludwigsburger Sicht ist die abgespeckte Erweiterung auch eine Wohltat für die Nachbarkommunen

Äußerst fraglich ist aus Sicht des Gerichts nämlich, ob den beiden Städten mit einem Klageerfolg überhaupt gedient ist. Die Vorsitzende Richterin sprach am Montagmorgen gar von „einem Spiel mit dem Feuer“. Denn: Bietigheim-Bissingen und Tamm könnten auf einmal schlechter dastehen, wenn ihre Normenkontrollklage durchgehen würde, weil dann ein alter Bebauungsplan aus den 70er Jahren in Kraft treten würde, der es Breuninger womöglich erlauben könnte, in viel größerem Stil zu expandieren. „Dafür kann sich ein Gericht nicht hergeben“, sagt der Anwalt der Stadt Ludwigsburg. Für ihn steht daher fest, dass der Normenkontrollantrag aus Bietigheim-Bissingen und Tamm unzulässig ist. Er findet: „Die abgespeckte Expansion ist eine Wohltat für alle.“

Klar ist, dass auch die Ludwigsburger City unter der Strahlkraft des Breuningerlands im Tammerfeld leidet – und der Gemeinderat in dieser Frage gespalten ist. Als der damalige Ludwigsburger OB Werner Spec mit der Modefirma den Kompromiss um die Erweiterung aushandelte, bügelte er jedoch die Versuche der Nachbarkommunen in dieser Angelegenheit ab, was schließlich zur Klage führte.

Bietigheim-Bissingen und Tamm haben sich schon einmal einen Korb geholt

Vor dem Verwaltungsgericht in Stuttgart holten sich Bietigheim-Bissingen und Tamm vor rund anderthalb Jahren schon einmal eine Abfuhr. Daher stellt sich nun die Frage, warum die Städte erneut den Ritt auf der Rasierklinge wagen? Ihr Anwalt sprach am Montag am VGH von „einem besonderen Sonderfall, den es so in Baden-Württemberg noch nicht gab“: Dass eine Partei direkt vor der Haustür zweier Nachbarn zusätzliche Einzelhandelsflächen in großem Stil ausweise und das interkommunale Abstimmungsgebot verletze. Der Jurist: „In Ludwigsburg hat man sich schlicht keine Gedanken darüber gemacht, welche Auswirkungen eine Erweiterung des Breuningerlands auf Bietigheim-Bissingen und Tamm haben würde.“ Er hofft, dass durch eine erfolgreiche Normenkontrollklage in Ludwigsburg neuer Handlungsbedarf entsteht und ein besseres Ergebnis für seine Mandantinnen herausspringt. „Es handelt sich hier um eine grundsätzliche Fragestellung, die jetzt entschieden werden muss.“

Der Tammer Bürgermeister Bernhard verlässt den VGH am Montagmittag nicht unzufrieden und mit einem Seitenhieb auf Ludwigsburg. „Das Gericht hat sich intensiv mit der Rechtslage auseinandergesetzt“, sagt er. „Wir fühlen uns jetzt ernstgenommen.“

Info: Anfang nächster Woche will der VGH den Städten Bietigheim-Bissingen, Tamm und Ludwigsburg seine Entscheidung zukommen lassen.