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Messe
Ein Buch ist wie ein gereifter Wein

Kuriositäten und Zeitgeschichtliches: Ob das „Naturalienkabinett“ von Basilius Besler (oben), Bauhauszeitschriften (links) und -drucke (Mitte) oder filigran illustrierte, fantastische Erzählungen – die Antiquaria hat in diesem Jahr wieder einiges zu
Kuriositäten und Zeitgeschichtliches: Ob das „Naturalienkabinett“ von Basilius Besler (oben), Bauhauszeitschriften (links) und -drucke (Mitte) oder filigran illustrierte, fantastische Erzählungen – die Antiquaria hat in diesem Jahr wieder einiges zu bieten. Foto: Holm Wolschendorf
Kuriositäten und Zeitgeschichtliches: Ob das „Naturalienkabinett“ von Basilius Besler (oben), Bauhauszeitschriften (links) und -drucke (Mitte) oder filigran illustrierte, fantastische Erzählungen – die Antiquaria hat in diesem Jahr wieder einiges zu
Kuriositäten und Zeitgeschichtliches: Ob das „Naturalienkabinett“ von Basilius Besler (oben), Bauhauszeitschriften (links) und -drucke (Mitte) oder filigran illustrierte, fantastische Erzählungen – die Antiquaria hat in diesem Jahr wieder einiges zu bieten. Foto: Holm Wolschendorf
Kuriositäten und Zeitgeschichtliches: Ob das „Naturalienkabinett“ von Basilius Besler (oben), Bauhauszeitschriften (links) und -drucke (Mitte) oder filigran illustrierte, fantastische Erzählungen – die Antiquaria hat in diesem Jahr wieder einiges zu
Kuriositäten und Zeitgeschichtliches: Ob das „Naturalienkabinett“ von Basilius Besler (oben), Bauhauszeitschriften (links) und -drucke (Mitte) oder filigran illustrierte, fantastische Erzählungen – die Antiquaria hat in diesem Jahr wieder einiges zu bieten. Foto: Holm Wolschendorf
Kuriositäten und Zeitgeschichtliches: Ob das „Naturalienkabinett“ von Basilius Besler (oben), Bauhauszeitschriften (links) und -drucke (Mitte) oder filigran illustrierte, fantastische Erzählungen – die Antiquaria hat in diesem Jahr wieder einiges zu
Kuriositäten und Zeitgeschichtliches: Ob das „Naturalienkabinett“ von Basilius Besler (oben), Bauhauszeitschriften (links) und -drucke (Mitte) oder filigran illustrierte, fantastische Erzählungen – die Antiquaria hat in diesem Jahr wieder einiges zu bieten. Foto: Holm Wolschendorf
Die Antiquaria in der Musikhalle widmet sich dem Obskuren in der Buchkunst und schlägt den Bogen zur Naturwissenschaft

Ludwigsburg. Das diesjährige Motto der Buchkunstmesse ist vage gehalten, und unverbindlich ohnehin: „Antiquaria obscura“. In Zeiten von rechten Verschwörungstheorien sollen die Aussteller, wo möglich, einen Fokus auf Alchemie, Zauberei, Mystik und Co. legen, hat Veranstalterin Petra Bewer festgelegt. Aber natürlich ist auch alles andere gern gesehen, was die Schönheit und Vielfalt des bedruckten und bemalten Papiers demonstriert. Von den vier antiquarischen Messen in Deutschland sei die dreitägige Antiquaria in Ludwigsburg die einzige, die seitens der Aussteller immer ausgebucht sei, betont Bewer, die sich ob dieses Umstands allerdings nur bedingt freut. Schließlich gilt: Je stärker alle Messen, desto stärker die Branche. 55 Aussteller sind es auch in diesem Jahr, die meisten wie üblich Stammgäste, die sich kennen und einander oft freundschaftlich verbunden sind.

Jegliche Form der Aufregung ist den meisten Antiquaren eher fremd, die Trends sind längerfristiger Natur. Viel Naturwissenschaftliches und Mathematisches gibt es mittlerweile, dazu zunehmend Fotografien sowie asiatische Druckwerke mitunter pikanten Inhalts. Dazu zahlreiche Bauhaus-Zeitschriften und ähnliches zum Jubiläumsjahr. In die erste Kategorie fällt etwa das „Naturalienkabinett“ des Nürnberger Botanikers und Apothekers Basilius Besler von 1622, das der Antiquar Klaus Schöneborn aus Würzburg an seinem Stand anbietet. Kupferstiche illustrieren diverse Pflanzen- und Tierarten – wobei der Gesichtsausdruck des ein oder anderen Reptils durchaus in die Kategorie „Obskures“ fällt. „Untersuchungen über Haut und Haare des braunen Bären aus den rumänischen Karpaten“ klingt vielleicht nicht nach leichter Lektüre, dafür ist das Unikat, das der Zoologe Karl Freytag 1885 verfasste, besonders. Für die mikroskopischen Untersuchungen des Bärenfells nutzte Freytag offenbar Werkzeuge wie einen „Haargruppenzähler“ und „Wollkräuselungsmesser“. Der Wiener Antiquar Domenico Jacono setzt dafür 880 Euro an. Wie er zu dem Preis kommt? „Man liegt eigentlich immer falsch“, sagt er und lächelt. Er versuche sich eben schlau zu machen, wie einzigartig das Stück sei, und kalkuliere dann den Preis. Jacono, der bereits zum fünften Mal auf der Messe ist, hat noch ein ungewöhnliches Buch dabei: die „Erdbibem Chronic“ des Musikers und Universalgelehrte Johannes Rasch (1591) – das erste deutschsprachige Buch über das Phänomen Erdbeben überhaupt.

Der Preis im Katalog ist fix – aber was ist es wirklich wert? Das finden die Händler oft nur mühsam heraus, indem sie Auktionsergebnisse verfolgen und im Internet recherchieren. Am Ende aber, sagen die meisten, sei das eine Frage des Bauchgefühls. So sieht es auch Michael Solder aus Münster, der „L’Arithmétique“ (1585) des flämischen Gelehrten Simon Stevin im Gepäck hat. Es ist nicht weniger als der Beginn der Dezimalrechnung und, so Solder, „unfassbar selten“. 20 Jahre lag es bei ihm daheim herum, als Teil eines großen Ankaufs – erst durch einen Zufall wurde ihm die Bedeutung klar. „Manchmal ist das wie bei einem guten Wein“, sagt er und lacht. 28.000 Euro ruft er dafür auf – die Trennung würde ihm nicht leicht fallen.

Natürlich gibt es auch in diesem Jahr wieder Kuriositäten aller Art: Etwa die mutmaßlich härteste Bibel der Welt – ein vergleichsweise kleiner Band des Neuen Testaments von 1738, das das Antiquariat Florisatus aus Den Haag anbietet. Ein kunstvoller Stahleinband ziert das Schweizer Druckerzeugnis. Ein Seltenheit, wie Antiquar Edwin Bloemsaat betont.

Ab 15 Uhr am gestrigen Eröffnungstag wird traditionell die im Katalog gelisteten Stücke unter den gemeldeten Interessenten ausgelost. Domenico Jacono wird sein Bärenbuch wie erwartet gleich los. Die Staatsbibliothek Berlin hat es aufgekauft, als einer von drei Interessenten. Wenn es an eine wissenschaftliche Institution gehe, sei das natürlich schon erfreulich, findet Jacono. Ein guter Tag, für beide Seiten.