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Nach Schussserie in der Region Stuttgart
Jugendbanden im Kreis Ludwigsburg: Polizei setzt auf Prävention

Zur Schussserie in der Region zählen die Behörden auch den Fall in Plochingen, mittlerweile sind der Schütze und sein Fahrer zu Haftstrafen verurteilt worden.
Zur Schussserie in der Region zählen die Behörden auch den Fall in Plochingen, mittlerweile sind der Schütze und sein Fahrer zu Haftstrafen verurteilt worden.
Seit Monaten sorgen Schüsse und Angriffe auf Gruppen oder Treffpunkte für Aufruhr in der Region Stuttgart. Auch in Ludwigsburg sind Jugendbanden aktiv. So hat die Polizei nun eingegriffen.

Kreis Ludwigsburg. Im November 2022 greifen ein 13- und ein 14-Jähriger einen 20-Jährigen mit Fäusten, Schlagstock und Messer in der Ludwigsburger Innenstadt an. Die Täter gehören laut Polizei einer Jugendbande an.

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In Ditzingen und Umgebung kommt es im vergangenen Jahr immer wieder zu Straftaten und Körperverletzungen. Die Täter sind als sogenannte Baby-Bande bekannt, denn ihre rund 20 Mitglieder sind allesamt zwischen zehn und 17 Jahren jung.

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Im vergangenen Jahr greifen zwei junge Männer (16 und 20 Jahre alt) einen 22-Jährigen in Eglosheim auf offener Straße an. Die Täter (beide Mitglieder der Ludwigsburger Jugendbande 716) sind inzwischen in Haft.

Im Februar dieses Jahres versucht eine fünfköpfige Gruppe, einen 27-Jährigen zu töten. Die Tat ereignet sich auf dem Bahnsteig 2/3 des Ludwigsburger Bahnhofs. Das Opfer wird mit einem Messer lebensgefährlich verletzt. Ein Tatverdächtiger – er ist 16 Jahre alt – wurde festgenommen.

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Nicht zuletzt: Nach dem Handgranaten-Anschlag auf eine Beerdigung im Landkreis Esslingen im Juni 2023 wurden mehrere Wohnungen in Ludwigsburg durchsucht und drei Männer festgenommen. Dabei wurde auch eine Pistole sichergestellt.

Innenminister Thomas Strobl (CDU) spricht bei einer Pressekonferenz des Landeskriminalamtes im Februar von zwei „multiethnische Gruppierungen“ mit insgesamt etwa 500 Mitgliedern, die sich seit eineinhalb Jahren in der Region Stuttgart bekämpfen. Auch Personen aus Ludwigsburg sind daran beteiligt. Deshalb ist das Polizeipräsidium Ludwigsburg an der großen Sonderkommission zur Bekämpfung dieser Gruppen unter Führung des LKA beteiligt.

„Dazugehören ist insbesondere für junge Menschen ein wichtiger Teil ihrer persönlichen Entwicklung. Teil einer Gruppe zu sein ist identitätsstiftend“ – führe aber teils auch zu „fragwürdiger“ Gesellschaft, so das Ludwigsburger Polizeipräsidium. Dessen Kriminalpolizei hat nach den Schussabgaben und Gewaltdelikten im Großraum Stuttgart gemeinsam mit der Schutzpolizeidirektion einen Personenkreis aus rund 30 Jugendlichen und Männern im Alter zwischen 15 und 31 Jahren identifiziert, die im Verdacht stehen, sich gewaltbereiten Gruppierungen angeschlossen zu haben oder Gefahr laufen, dies zu tun. Ziel war es, Letzteres zu verhindern, oder sie wieder aus der Kriminalität zu holen.

Gemeinsam mit verschiedenen Partnern wie den Jobcentern und Landratsämtern der Landkreise Böblingen und Ludwigsburg sowie weiterer Beratungsstellen erarbeitete das Referat Prävention individuell auf die jeweiligen Personen zugeschnittene Unterstützungsangebote. Die Bandbreite reicht dabei vom Aufzeigen von Möglichkeiten zur Erreichung eines Schulabschlusses, Hilfe bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz, Unterstützung zur Lösung bei Problemen in der Familie bis hin zu Tipps zur Gestaltung der Freizeit.

Zwischen dem 6. und dem 17. Mai wurden schließlich alle Personen einzeln von Polizeibeamten aufgesucht und die Angebote präsentiert. Je nach Alter nahmen bei den Gesprächen auch die Eltern teil. Der überwiegende Teil der Angesprochenen wohnte dabei im Kreis Ludwigsburg.

So zieht die Polizei Bilanz

„Das Ergebnis dieser Präventiv- und Offensivansprachen ist beeindruckend. Alle angesprochenen Personen setzten sich mit der Polizei an einen Tisch und berieten, was sich ändern könnte, um eine Zukunft ohne Kriminalität zu gestalten“, wird Polizeipräsident Thomas Wild nun in einer Mitteilung zitiert. „Insbesondere zeigten sich auch die Eltern außerordentlich interessiert und standen diesem neuen Weg der Polizei äußerst positiv gegenüber. Ich bin begeistert, dass dieser innovative Ansatz und die maßgeschneiderten Angebote meiner Kolleginnen und Kollegen auf so fruchtbaren Boden fielen. Aufgrund des großen Erfolges werden wir prüfen, ob solche offensiven Präventionsansätze künftig auch auf andere Bereiche ausgeweitet werden können“, so Wild weiter.

Erfolge auch auf Landesebene

Auch das Landeskriminalamt hatte unlängst eine weitere Bilanz ihrer aufgrund der Taten zweier krimineller Gruppierungen seit Juli 2022 eingerichteten Besonderen Aufbauorganisation (BAO) gezogen. Demnach konnten bis Mitte Mai 68 Tatverdächtige in Haft gebracht werden, über 180 Durchsuchungsbeschlüsse vollstreckt und 29 Schusswaffen sichergestellt werden. „Die bislang erzielten Ermittlungserfolge sind beachtlich“, heißt es. Dabei habe man auch festgestellt, dass die Gruppierungen sich zur Ausführung von schweren Straftaten zum Teil junger Personen bedient hätten, die bislang nicht mit Delikten im Bereich der Schwerstkriminalität in Erscheinung getreten sind. Um Zuwachs aus diesem Bereich zu verhindern, habe man die sogenannten Präventiv- und Offensivansprachen wie im Kreis Ludwigsburg angesetzt, landesweit wurden demnach rund 300 Personen kontaktiert.

„Mit unserem Dreiklang aus täter- und strukturbezogenen Ermittlungen, Fahndungs- und Kontrollmaßnahmen sowie gezielten Präventionsangeboten schränken wir den Handlungsspielraum der kriminellen Gruppen maximal ein und machen unmissverständlich deutlich, dass wir dem kriminellen Treiben ein Ende setzen und die Täter zur Verantwortung ziehen werden. Gleichzeitig vermitteln wir an Personen, insbesondere aus dem Umfeld der kriminellen Gruppierungen, gezielte Unterstützungsangebote, um sie vor einem Abrutschen in kriminelle Strukturen zu bewahren“, erläutert David Fritsch, Pressesprecher des LKA.